Neben seinen Buch- und Medienveröffentlichungen hat die Initiative Hören auch im künstlerischen Bereich wirksame Impulse für die Wahrnehmung der Bedeutung des Hörens gegeben. Bei der Gründung der „Initiative Stiftung Hören“ im März 2001 begegneten sich Prof. Karl Karst, damals Programmchef des Kulturradios WDR 3 und Initiator der Gründung, und als Gast der Direktor des Skulpturenmuseums Glaskasten Marl, Dr. Uwe Rüth, zum ersten Mal. Sie verabredeten sich zu einem Gedankenaustausch, aus dem schließlich die Idee eines neuen Preises für die „Klangkunst“ hervorging.
Der „Deutsche Klangkunst-Preis“ sollte neben der raumprägenden Klangkunst, wie sie im Marler Skulpturenmuseum zu erleben war, auch die „Akustische Kunst“ des Radios bis hin zur klangkünstlerischen Musik z.B. des Studios für elektronische Musik des WDR auszeichnen. Aus Anlass des 20-jährigen Jubiläums der ersten Verleihung skizzieren wir die Geschichte des Deutschen Klangkunst-Preises, des ersten Preises für Klangkunst in Deutschland.
Was hat ein Preis für Klangkunst mit der Förderung des Hörens zu tun? Aus Sicht von Karl Karst, damals Programmchef des Kulturradios WDR 3, sehr viel! Der neue Preis soll u.a. auf „die Bedeutung einer Wahrnehmungs-Dimension“ hinweisen, die in der breiten Öffentlichkeit noch sträflich vernachlässig ist, schrieb Karl Karst im Katalog des 1. Deutschen Klangkunst-Preises, der im Juni 2002 zum ersten Mal in Marl vergeben wurde („Erstmals ein Deutscher Klangkunst-Preis“, Link zum vollständigen Text s.u.).
Das Interesse des WDR 3 Programmchefs und späteren Vorsitzenden der Initiative Hören e.V. Karl Karst war es, die Aufmerksamkeit der Kunstszene auf den Bereich des Akustischen zu lenken und zugleich auf die bahnbrechenden Produktionen des Studios für Akustische Kunst und des Studios für Elektronische Musik des WDR hinzuweisen. Sie gehörten seiner Meinung nach in den Kontext der aktuellen Künste.
Das Interesse des damaligen Direktors des Skulpturenmuseums Glaskasten Marl, Uwe Rüth, war es, die skulpturale Klangkunst und die Medienkunst, die sein Marler Museum mit besonderem Engagement präsentierte, mit einem neuen Preis für akustische Kunst zu erweitern und bekannter zu machen. Mit ihrem gemeinsam entwickelten „Deutschen Klangkunst-Preis“ erhielt die noch junge Ausdrucksform der Klangkunst erstmals einen eigenen, auf das Akustische bezogenen Preis.
Wenn auf die dezente Ausschreibung eines erstmals zu vergebenen Deutschen Klangkunst-Preises gleich 63 Bewerbungen eingehen, deren Qualität erstaunlich hoch ist, dann bestätigt dies die Idee der Initiatoren. In der Süddeutschen Zeitung schrieb Stefanie Stadel dazu: „Die Initiatoren, das Skulpturenmuseum Glaskasten Marl und WDR 3, haben offenbar eine echte Preis-Lücke entdeckt. Zur rechten Zeit, denn mit ihren raumbezogenen und Gattungsgrenzen sprengenden Ein fällen zwischen bildender Kunst und Musik, Architektur und Alltag bedient die Klangkunst bestens das nach wie vor wachsende Sortiment an Multi-, Inter- und Transmedia-Schöpfungen, Crossover inklusive.“ (Süddeutschen Zeitung, 11. Oktober 2002)
Auf Basis des neuen Deutschen Klangkunst-Preises entstand kurze Zeit später die Idee einer Gesamtschau der Klangkunst in einer größeren, publikumsoffenen Ausstellung. Gemeinsam mit der WDR-Öffentlichkeitsarbeit offerierte Karl Karst 2003 der ART COLOGNE ein neues Element für die damals größte europäische Kunstmesse: Eine Sonder-Ausstellung zu aktuellen Formen der Klangkunst, ergänzt durch eine Präsentation mit Mehrkanal-Produktionen des Studios für Elektronische Musik des WDR, für dessen Erhalt sich Karl Karst bis heute einsetzt.
Die Ausstellung hieß „SoundART“ und wurde ein Publikumserfolg. Der große Rheinsaal mit rund 1000qm präsentierte die Klangkunstarbeiten der bildenden Künstler. Der kleine Rheinsaal mit rund 300qm präsentierte mit 12 Lautsprechern ein ausgefeiltes Programm mit Produktionen des Studios für Akustische Kunst und des Studios für Elektronische Musik des WDR.
Die SoundART wurde zu einer jährlich stattfindenden Veranstaltung in NRW auf der ART COLOGNE, bei der Traumzeit Duisburg, in der DASA Dortmund und im WDR Funkhaus. Es ist heute die am längsten bestehende regelmäßige Ausstellung von Klangkunst-Installationen in Europa.
Mit dem Wettbewerb 2012/13 wurde der Deutsche Klangkunst-Preis für die europäische Ebene geöffnet und zum EUROPEAN SOUNDART AWARD erweitert. Mit diesem Wettbewerbsjahrgang schlossen die Gründer die Phase des nationalen Deutschen Klangkunst-Preises nach 10 Jahren ab. Der Deutsche Klangkunst-Preis war international bekannt geworden und mehrfach hatten sich ausländische KünstlerInnen vergebens um ihn beworben. Die Ausschreibung des neuen EUROPEAN SOUNDART AWARDs zeigten ein lebhaftes internationales Interesse. Die Verleihungen im Rahmen der SoundART im WDR Funkhaus Köln wurden zu einem Treffpunkt der Klangkunst-Szene. Doch, wie so vieles, musste der Preis mit Beginn der Corona-Pandemie 2020 ausgesetzt werden. Ob und wie es weitergeht, ist derzeit offen.