20 Jahre Initiative Hören e.V.

Am 31. Oktober 2023 jährt sich zum 20. Mal die Gründung des Bundesverbandes Initiative Hören e.V. Was als Idee von Prof. Karl Karst Anfang der 1990er Jahre begann, hat in zwei Jahrzehnten die Wahrnehmung des Akustischen in der bundesdeutschen Zivilgesellschaft spürbar verändert

Die Idee einer bundesweiten „Stiftung Hören“ entwickelte Karl Karst während der Konzeption seiner Sendereihe „Schule des Hörens“, die im Auftrag der Hörspielabteilung des Hessischen Rundfunks entstand. Seine Recherchen hatten ergeben, dass es für das Gesamtfeld des Akustischen keine wirksame Lobby gab, lediglich für Einzelsegmente, vor allen aus der Medizin. 

Als Karl Karst 1993 in der Bundeskunsthalle Bonn seinen Vortrag über die „Geschichte des Ohrs“ beim internationalen Symposion „Die Zukunft der Sinne: Das Hören“ hielt, formulierte er bereits die Notwendigkeit einer gemeinsamen Plattform für das Hören. Die Resonanz auf seine Vorträge führte 1996 zur Gründung seiner ersten Institution, des Projektkreises Schule des Hörens, der sich mit der praktischen Umsetzung von didaktischen Konzepten für die Hörbildung von Kindern befassen sollte. 

In ihm entstand „Olli Ohrwurm und seine Freunde“, das erste umfassende Medienpaket zum Thema Hören für Kindergärten in Deutschland, das Maßstäbe setzte. Der Erfolg des Medienpakets, das in über 40.000 Exemplaren kostenlos an alle bayerischen Kindergärten abgegeben wurde, führte zur Beauftragung von „Olli Ohrwurm“ für die Grundschule, das ebenfalls kostenlos abgegeben und mit enorm positivem Echo aufgenommen wurde. 

Wenig später folgte das PC-Spiel „Radio 108,8“ für Jugendliche von 10 bis 14 Jahren, das für die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung entstand und in mehr als 160.000 Exemplaren kostenlos an Schulen und Medienwerkstätten abgegeben wurde. Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt nahm den Start des PC-Spiels persönlich im Kölner Schokoladenmuseum vor.

Hinter all diesen Projekten („Olli Ohrwurm“, „Radio 108,8“ und später AUDITORIX) steht als Ideengeber Karl Karst, der sich bis heute intensiv für das Hören engagiert. Die Zahl der von ihm in analoger Form herausgebrachten Bildungsmedien zur Hörschulung von Kindern liegt bei über 300.000 Büchern, CDs und CD-ROMs, die den Endnutzern (Kinder, Eltern und PädagogInnen) allesamt kostenfrei zur Verfügung gestellt wurden.  

Mit Beginn seiner Funktion als Programmchef des Kulturradios WDR 3 setzte Karl Karst sein Engagement für das Hören auch im WDR fort und forderte in einer Expertenkommission des Bundesumweltministeriums die Gründung einer bundesweiten Stiftung Hören als Pendant zur Stiftung Lesen.

Die Expertenrunde stimmte zu, eine „Initiative zur Gründung einer Stiftung Hören“ ins Leben zu rufen, die Karl Karst mit Unterstützung des Bundesministerium für Gesundheit im WDR organisierte. Die konstituierende Sitzung der „Initiative Stiftung Hören“ fand am 2. März 2001 mit über 20 institutionellen VertreterInnen statt. Sie formulierte als gemeinsames Ziel die Gründung einer selbständigen STIFTUNG HÖREN, die sich als Pendant zur STIFTUNG LESEN um alle Formen der akustischen Kommunikation und der akustischen Umwelt kümmern sollte.

Prof. Karl Karst (WDR) und Olaf Zimmermann (Deutscher Kulturrat) wurden zu Sprechern der „Initiative Stiftung Hören“ gewählt und konnten die damalige Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt, den damaligen Intendanten des Westdeutschen Rundfunks, Fritz Pleitgen, und den damaligen Präsidenten des Deutschen Kulturrats, Max Fuchs, als Botschafter der Initiative gewinnen.

Ziel der Stiftung Hören sollte nach dem Konzept von Karl Karst die Bildung eines Lobby übergreifenden Kompetenzverbundes aus Gesundheits-, Kultur- und Medien-Institutionen sein. Sie sollte ebenso die pädagogische wie die gesundheitliche und die kulturelle Facette des Hörens vertreten:

„Die Initiative Stiftung Hören versteht sich als Bündnis aus Medizin, Kultur und Medien zur Lobbyarbeit für das gesamte Spektrum des Hörens. Ihre Aufgabenstellung umfasst den medizinischen ebenso wie den kulturellen, den bildungs- und den medienpolitischen Bereich. Die Initiative Hören hat das Ziel, für das Hören in seiner gesamten Komplexität einzustehen und zu sensibilisieren.“ 

Prof. Karl Karst

Leider torpedierte ein kleiner Verein aus MitarbeiterInnen einer kleineren Rundfunkanstalt das groß angelegte und von WDR-Intendant Fritz Pleitgen stark unterstützte Vorhaben und gründete während der Konstitution der Stiftung Hören hinter dem Rücken aller anderen beteiligten Verbände eine kleine Stiftung mit verwechselbarem Namen. Aufgrund der Verwechslungsgefahr entschied sich der Gründerkreis der „Initiative Stiftung Hören“ dazu, die Stiftung Hören zunächst ruhen zu lassen und stattdessen ein Netzwerk in Form eines Verbandes zu schaffen.

So unerfreulich es war, dass das Verhalten eines egozentrischen Vereins die Gründung einer übergreifenden großen deutschen STIFTUNG HÖREN verhindert hatte, so erfreulich ist es, dass als Konsequenz daraus der Dachverband INITIATIVE HÖREN entstand, der sich mit über 30 Vereinen und Verbänden auf Anhieb als größter europäischer Zusammenschluss von Fachinstitutionen zum Thema Hören am 31. Oktober 2003 in der Kölner Messe unter dem Vorsitz von Prof. Karl Karst gründete.

2011 hat Prof. Karst schließlich auch die STIFTUNG HÖREN mit eigenen Mitteln gegründet und damit die dritte Institution zur Förderung der Hörbildung in Deutschland ins Leben gerufen. Aber die Chance auf eine große bundesweite Einrichtung parallel zur Stiftung Lesen, für die er sich über 10 Jahre lang stark gemacht hatte, war aufgrund des Verhaltens eines kleinen Vereins dauerhaft vertan.

Immerhin: Mit dem europaweit größten Netzwerk für das Hören hat die Initiative Hören bis heute zahllose Impulse gegeben, die der öffentlichen Wahrnehmung des Akustischen in Politik und Gesellschaft erheblichen Vorschub geleistet haben. Zusammen mit dem Projektkreis SCHULE DES HÖRENS hat die INITIATIVE HÖREN in 20 Jahren Unschätzbares für die zivilgesellschaftliche Interessenvertretung getan und wird dabei seit 2011 durch die STIFTUNG HÖREN aktiv unterstützt. 

20 Jahre Initiative Hören bedeuten 20 Jahre Projektarbeit von Prof. Karl Karst, der seit 2003 ununterbrochen Vorsitzender der Initiative Hören ist und sich wie kein zweiter für eine Schulung der Sinneskompetenz von Kindern und Jugendlichen in Deutschland einsetzt. Die Geschichte der Initiative Hören ist ohne ihn nicht denkbar.